Klimawandel: Ein Lokalaugenschein in Äthiopien

Der Yayu-Kaffeewald ist einer der letzten Urwälder Äthiopiens und seit einigen Jahren UNESCO Biosphären-Schutzgebiet.

Frühmorgens in Hurumu, im Westen Äthiopiens – mehr als eine Tagesreise von der Landeshauptstadt Addis Abeba – entfernt, turnt eine Familie von Colobus-Affen durch die Bäume. Kleine Mais- und Hirsefelder sind umzäunt von buntblühenden Hecken und Stauden. Am Hang darüber treiben Buben mit selbstgebastelten Peitschen Kühe über die Weide. Dumpf dröhnt der Lärm von Bauarbeiten. Etwa einen Kilometer weiter wird an der Hauptverkehrsstraße zwischen Jimma und Gambela gebaut. Auf der anderen Talseite erhebt sich ein dunkelgrünes, dichtes Blätterdach. Das ist der Yayu-Kaffeewald, einer der letzten Urwälder Äthiopiens, seit einigen Jahren UNESCO Biosphären-Schutzgebiet.

Wir haben Wald und deshalb Regen

Anders als in den meisten Landesteilen Äthiopiens hat es hier genug geregnet. Die Ernte ist gut, die Menschen haben keine Sorgen, dass sie im kommenden Jahr hungern müssen. Und sie wissen auch warum: "Wir haben unseren Wald, darum haben wir Regen. Dort, wo der Wald abgeholzt wurde, fällt kein Regen mehr", erklärt Banchiyikun Mamo, eine Bäuerin aus der Gegend. Das Bewusstsein, dass der Wald schützenswert ist, ist wichtig in einer Gegend, in der Ackerland rar ist. Die Versuchung zu roden ist groß, zusätzliche Felder bringen mehr Ernte.

Aber auch der Wald bietet Nahrungsquellen und auch Heilpflanzen. Die Jagd von Antilopen und Wildschweinen ist im Biosphären-Reservat mittlerweile verboten, aber der Verein "Ethiopian Coffee Forest Forum" (ECFF) unterstützt die BewohnerInnen alternative Einkommensmöglichkeiten zu finden. Die Austrian Development Agency födert diese Initiative aus Mitteln des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW), um das Waldökosystem zu erhalten.

Neues Einkommen – ohne Abholzen

Die Imkerei ist eine neue Verdienstmöglichkeit für die BäuerInnen in Yayu. Banchiyikun Mamo und zehn andere haben moderne Bienenstöcke in die Bäume gehängt, um wilde Bienen zu „sammeln“. Sind die Stöcke besiedelt, werden sie auf einem Feld platziert, weil sie so leichter zu bewirtschaften sind. Kassech Olijira hatte kein Geld, um sich am Kauf der Bienenstöcke zu beteiligen. Sie hat stattdessen ein Stück ihres Feldes für den Aufbau und die Überdachung der Bienenstöcke zu Verfügung gestellt. "Dann kann ich zwar weniger Getreide anpflanzen, aber der Gewinn aus dem Honigverkauf macht das mehr als wett“, sagt Kassech Olijira. Andere Kooperativen sammeln Samen arabischen Kaffees und bauen diesen hochwertigen Kaffee an und verkaufen ihn an Händler für den Export ins Ausland.

Die Zerstörung der Wälder ist für die Hälfte der Treibhausgase verantwortlich, die Äthiopien freisetzt. Der Yayu-Wald speichert Kohlendioxid in Bäumen, Boden und in Sumpfgebieten im Waldgebiet und trägt somit bei, den Klimawandel zu mindern. Andererseits wirkt sich der Wald positiv auf das lokale Wetter aus und dient bei Ernteausfällen als Nahrungsquelle. Die Bewohner des Waldes und seiner Umgebung sind also weniger hart von den bereits heute realen Auswirkungen des Klimawandels betroffen, als Menschen in anderen Regionen Äthiopiens.

Wenn in Paris Ende November/Anfang Dezember 2015 über ein neues Klimaabkommen (COP21) verhandelt werden wird, werden die meisten Gespräche auf einer politischen und finanztechnischen Ebene stattfinden. In Yayu kann man sehen, was all das für Menschen in ihrem Lebensalltag bedeutet.