„Unsere Waffe ist das Wort“

Mehr Transparenz durch Qualitätsjournalismus ist das Ziel des JournalistInnen-Netzwerks BIRN auf dem Westbalkan. Die Weltnachrichten trafen BIRN-Geschäftsführerin Jeta Xharra in Pristina.

Jeta Xharra eilt ihr Ruf voraus. Und er täuscht nicht: Die taffe und offene Chefredakteurin von Prishtina Insight hat auf dem Westbalkan einiges aufgebaut. "Kritischer Journalismus ist wichtig", sagt sie. "In jungen Demokratien wie dem Kosovo, wo innerstaatliche Kontrollmechanismen nicht immer reibungsfrei funktionieren, umso mehr." Deswegen hat sie ein Netzwerk gegründet, das kritischen JournalistInnen den Rücken stärkt und Nachwuchs ausbildet.

Die Besten behalten wir

Das Balkan Investigative Reporting Network (BIRN) steht seit zehn Jahren für freie Meinungsäußerung, kritische Berichterstattung und Menschenrechte. "Wir arbeiten mit 300 Journalistinnen und Journalisten der Region zusammen. Büros haben wir in Albanien, Bosnien und Herzegowina sowie im Kosovo, in Mazedonien, Rumänien und Serbien. Jedes Jahr vergeben wir 30 Praktika. Die besten Jungreporter und -reporterinnen behalten wir", erzählt Xharra.

Wer zuerst blinzelt, verliert

Die Kosovarin wurde durch ihre harten TV-Interviews berühmt. In einem ihrer bekanntesten Formate konfrontiert sie BürgermeisterInnen nach der Wahl mit ihren Wahlversprechen. "Wir erinnern sie daran, was sie vor der Wahl gesagt haben. Und wir zeigen auf, was davon schon umgesetzt ist und was nicht", berichtet die Journalistin.

Neben dem Kampf für Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit und Rechenschaftspflicht tritt BIRN auch auf den Plan, wenn PolitikerInnen versuchen, ReporterInnen einzuschüchtern. "Der neue Zeitgeist ist, dass die Mächtigen Angst vor Information haben", ist Xharra überzeugt. Genau deshalb bleibt sie mit ihrem Team dran. "Auch wenn der Kläger oder der Zeuge aufgibt, wir Journalisten und Journalistinnen tun es nicht", erklärt die Mutter zweier Mädchen, der es auch um die Zukunft ihrer Kinder geht.

Mit Mut bei der Sache

Angst scheint die engagierte Journalistin keine zu kennen. "Wir haben ein eigenes Anwaltsbüro für den Fall, dass man gegen uns vorgeht." Und es gibt Unterstützung aus dem Ausland.

20 internationale Geber wie Schweden, Österreich, die EU oder das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, aber auch private Stiftungen fördern das JournalistInnen-Netzwerk. "Wir bekommen viel Unterstützung. Aber nur die Austrian Development Agency fördert aktiv investigativen Journalismus. Und das bereits zum zweiten Mal mit einer halben Million Euro. Das ist sehr mutig, weil wir mitunter Skandale aufdecken, die auch in den Geberländern heikel sind", sagt Jeta Xharra, die trotz vieler Widrigkeiten auch Verbesserungen erkennt.

Internationale Aufmerksamkeit hilft

Es hat sich etwas verändert in den letzten Jahren im Kosovo. "Die Politiker und Politikerinnen, die wir kritisierten, waren arrogant. Sie dachten, wir können ihnen nichts anhaben. Jetzt sind sie zumindest beschämt und wollen sich nicht mit einem schmutzigen Hemd in ihrem Heimatdorf sehen lassen", erzählt Xharra.

Im Kosovo werden JournalistInnen nicht verfolgt. In anderen Ländern ist die Lage kritischer. Aber auch da weiß sich das Netzwerk zu helfen. "Wir schlagen sie mit ihren eigenen Waffen. Wenn sie ihre Kumpel anrufen, tun wir das auch. Wir machen international darauf aufmerksam, wenn jemand von uns festgehalten oder die Meinungsfreiheit sanktioniert wird", berichtet Jeta Xharra. "Das hilft!"