Armenien: neue alte Heimat

22.000 Flüchtlinge nahm Armenien seit Beginn der Syrienkrise auf. Eine große Herausforderung, der sich das kleine Land beispielhaft annimmt.

Mitte September ist es noch heiß in Jerewan. Menschen tummeln sich auf den Straßen der armenischen Hauptstadt oder genießen kühlen Punsch in lauten Lokalen. In einer staubigen Seitenstraße arbeitet Hakob Najaryan konzentriert an einer Kompressionsmaschine. Die Tür zu seiner Werkstatt steht offen, heraus dringt der surrende Ton von Schleifarbeiten.

Flucht vor den Bomben

Hakob Najaryan ist 64 Jahre alt. Seit 35 Jahren arbeitet er als Schmied, seit Kurzem in Armenien. Der drahtige Mann mit den markanten blauen Augen ist armenisch-stämmiger Syrer. Geboren und aufgewachsen ist er in Aleppo. Dort hatte er eine Werkstatt, die florierte. Dann kam der Krieg und mit ihm die täglichen Bombenangriffe.

Aus Angst um sein eigenes Leben und das seiner Lieben flüchtete Hakob Najaryan mit seiner Frau und den beiden Kindern ins benachbarte Armenien. Wie 22.000 andere armenisch-stämmige Syrerinnen und Syrer. Seine Werkstatt mit den modernen Maschinen und den fleißigen Mitarbeitern musste er zurücklassen.

Der 64-Jährige gehörte der armenischen Diaspora in Syrien an, die immer eng mit der verlassenen Heimat verbunden blieb. "Ich habe mich gefühlt, als sei ich nach Hause gekommen", erzählt Hakob Najaryan von seiner Ankunft in Jerewan und wischt sich den Schweiß von der Stirn.

Alles auf Anfang

Seit vier Jahren lebt er nun in Armenien. Dass er Armenisch spricht, hat ihm beim Neustart geholfen. Trotzdem war die erste Zeit in der neuen alten Heimat alles andere als leicht.

Gemeinsam mit seinem Namensvetter Hakob Galajian und seinem Neffen Karapet Galayji versuchte der geschickte Maschinist, in Jerewan Fuß zu fassen. Mit ihrem Ersparten konnten die drei eine kleine Werkstatt mieten. Für mehr reichte das Geld nicht. "Wir sind es gewohnt, hart zu arbeiten. Doch wir hatten kein Werkzeug und keine Maschinen", so Hakob Najaryan.

Mit Mut in die Zukunft

Hilfe kam von der EU, die mit dem Madad-Fonds syrische Flüchtlinge und deren Aufnahmegemeinden unterstützt. Auch Österreich ist daran beteiligt und hat bisher 13,5 Millionen Euro beigetragen. Abgewickelt werden die Mittel in Armenien vom Österreichischen Roten Kreuz.

Dank der Hilfe konnten die Neuankömmlinge die dringend benötigten Geräte anschaffen. Die Kompressionsmaschine, ein Bohrer, ein elektrischer Schraubenzieher und zwei Trennschleifer ermöglichen dem Dreiergespann nun, sich ein bescheidenes Einkommen zu erarbeiten.

Ob er nach Syrien zurückkehren möchte, wenn dort wieder Frieden herrscht? Hakob Najaryan schüttelt den Kopf. "Ich gehe nicht zurück. Armenien ist mein Mutterland. Hier möchte ich mir ein neues Leben aufbauen."