Berufsausbildung in afrikanischer Muttersprache

Eine Berufsausbildung in der eigenen Muttersprache absolvieren zu können, ist in vielen Ländern Afrikas keine Selbstverständlichkeit.

Eine Berufsausbildung in der eigenen Muttersprache absolvieren zu können, ist in vielen Ländern Afrikas keine Selbstverständlichkeit. In Burkina Faso stellt sich die Regierung mit Unterstützung der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit dieser Herausforderung.

Burkina Faso ist eines der ärmsten Länder der Welt. 60 Prozent der Bevölkerung sind jünger als 20 Jahre. Die Hälfte aller Kinder besucht zwar eine Schule, aber nur etwa 40 Prozent schließen die Primarschule auch erfolgreich ab. Im Jahr 2008 befanden sich mehr als 300.000 Kinder und Jugendliche außerhalb des formalen Bildungssystems.

Für arme Familien ist der Schulbesuch aber nicht nur eine Geldfrage, auch traditionelle Werte und Vorbehalte können diesen verhindern. Französisch, jene Sprache, in der aufgrund der kolonialen Geschichte Burkinas in erster Linie unterrichtet wird, wird von den meisten Eltern und Kindern weder verstanden noch gesprochen. Gerade das Misstrauen der Landbevölkerung gegen französischsprachige Schulen ist daher hoch. Hier setzt das Programm EFORD (Education et Formation pour un Développement Endogène) an, das neben Österreich von Dänemark und der Schweiz unterstützt wird.

Lokale Identität im Vordergrund

In Zusammenarbeit mit dem burkinischen Bildungsministerium werden in entlegenen und besonders benachteiligten Provinzen Zentren für nachholende Grundbildung und lokal angepasste Berufsbildung aufgebaut und betrieben. Kernstück des Programms ist der Unterricht in den jeweiligen Muttersprachen. Nach Jahrzehnten kolonialer Schulen stehen wieder die eigene Kultur und Identität im Vordergrund. Für die Erstellung der Lehrpläne und Unterrichtsmaterialien wurden sechs der 60 in Burkina Faso gesprochenen Sprachen ausgewählt, Französisch oder Englisch werden als Zweitsprache gelehrt.

In Dori, im Norden Burkina Fasos nahe der Grenze zu Mali, steht eines jener Berufsbildungszentren, das mit österreichischer Unterstützung errichtet wurde. Hier erhalten momentan 140 Kinder und Jugendliche eine landwirtschaftliche Ausbildung. Am Stundenplan stehen Praxis und Theorie der Bereiche Viehzucht, Ackerbau und Forstwirtschaft - aber auch Fächer, die zur Allgemeinbildung der SchülerInnen beitragen. Vor allem die eigene Sprache Fulfulde nimmt dabei eine zentrale Rolle ein. Sie wird nicht nur unterrichtet, sie ist auch Unterrichtssprache. In der Muttersprache lernen Kinder und Jugendliche leichter und schneller, sie können das Gelernte besser verarbeiten und anwenden.

Die Pflege und Bewahrung der kulturellen Identität geht aber über die Verwendung der Sprache hinaus. Im Schulbau orientiert man sich etwa an traditionellen Bauweisen und Dorfstrukturen, in der Gestaltung der Schulbücher greift man auf Geschichten und Alltagssituationen aus dem soziokulturellen Umfeld der SchülerInnen zurück. Dieses gesamtheitliche Konzept führt zu einer hohen Akzeptanz der Ausbildungsstätten bei den Familien und Dorfgemeinschaften. Sie erkennen den Nutzen des Schulbesuchs und fassen dadurch wieder Vertrauen in die Schulen als Orte der Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten und Werten.